Studie: Mitarbeiter fühlen sich bei Digitalisierung allein gelassen

Mitarbeiter fühlen sich bei Digitalisierung allein gelassen – und wünschen sich mehr Qualifizierung

Gallup Engagement Index 2019

Der Gallup Engagement Index 2019 zeigt auf, dass Mitarbeiter keine Angst vor der Digitalisierung haben, sich beim digitalen Transformationsprozess aber mehr Unterstützung wünschen. Unternehmen, die diesen Wunsch erfüllen, erhöhen die emotionale Bindung ihrer Arbeitnehmer an den Arbeitgeber.

Die Digitalisierung gehört zu den derzeit größten Herausforderungen für Unternehmen. Sie vergessen dabei aber allzu häufig ihre Mitarbeiter. “Es geht bei der digitalen Transformation nicht allein um Tools und neue Technologien, sondern um die Veränderung der Arbeitskultur. Das fängt bei den Mitarbeitern an”, sagt Marco Nink von Gallup.

Das Beratungsunternehmen untersucht bereits seit 2001, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeitern an ihren Arbeitgeber ist und damit ihr Engagement und die Motivation bei der Arbeit. Vor 17 Jahren wurde erstmals der Gallup Engagement Index herausgegeben, der seitdem jährlich darlegt, wie es um den Faktor Mensch in deutschen Unternehmen bestellt ist.

Mitarbeiter sehen Digitalisierung prinzipiell positiv

Der kürzlich veröffentlichte Index 2019 zeigt, dass die Beschäftigten technologischen Veränderungen grundsätzlich Positives abgewinnen können. 59 Prozent der 1.000 befragten Arbeitnehmer ab 18 Jahren, die repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland sind, sind der Meinung, dass sie den Erfolg des Unternehmens steigern. 46 Prozent rechnen sogar mit einer Steigerung ihrer persönlichen Arbeitsproduktivität.

Gleichzeitig sagen 48 Prozent der Arbeitnehmer allerdings auch, dass durch die Digitalisierung die Anforderungen an ihre Qualifikationen steigen werden. Jeder zweite Beschäftigte hat das Gefühl, den Anforderungen noch nicht gewachsen zu sein und sich kompetenter für die neuen Anforderungen am Arbeitsplatz machen zu müssen. Dabei spielt es keine wesentliche Rolle, ob die Mitarbeiter den Baby Boomern, der Generation X oder der Generation Y angehören.

Wunsch nach Qualifikation und Weiterbildung

Bei der Digitalisierung fühlen sich die Mitarbeiter häufig im Stich gelassen. Weniger als ein Drittel gibt an, sich bei der Aneignung notwendiger Fertigkeiten und Fähigkeiten vom Arbeitgeber uneingeschränkt unterstützt zu fühlen. Dabei belegt die Studie auch, dass Unterstützung bei der Weiterbildung die emotionale Mitarbeiterbindung enorm fördert.

Unternehmensverantwortliche wie Geschäftsführer, Manager und Personalchefs nehmen die Chance, die sich dadurch bietet, kaum wahr. 42 Prozent derjenigen, die 2018 an einer Schulung oder Weiterbildung teilgenommen haben, um ihre derzeitige Qualifikation zu erweitern, taten das aus Eigeninitiative. Nur bei 21 bzw. 20 Prozent war der Vorgesetzte bzw. das Unternehmen die treibende Kraft.

Qualifizierung durch den Arbeitgeber fördert die emotionale Bindung

“Mitarbeiter wollen das Gefühl haben, dass sie von ihrem Chef wahrgenommen und individuell gefördert werden. In der sich deutlich verändernden Arbeitswelt hat der direkte Vorgesetzte eine große Chance, Mitarbeiter emotional ans Unternehmen zu binden, indem er sie bei diesem Wandel unterstützt und begleitet. Mitarbeiter wollen dazulernen und sich weiterentwickeln”, erklärt Marco Nink.

Auch die Investition in Kompetenzentwicklung und Weiterbildung ist ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. Und sie bietet eine Doppelchance: Einerseits wächst die emotionale Bindung der Mitarbeiter zum Unternehmen, wodurch die Loyalität zunimmt und die Fluktuation sinkt. Andererseits werden die Erfolgschancen des digitalen Transformationsprozesses im Unternehmen gesteigert, weil die Arbeitnehmer das notwendige Verständnis und Rüstzeug für die Digitalisierung erhalten. Denn all der technische Fortschritt nützt nichts, wenn die, die damit umgehen müssen, ihn nicht verstehen, akzeptieren und effizient nutzen.

6 Millionen Arbeitnehmer haben innerlich gekündigt

Wohin eine mangelnde betriebliche Bildungskultur führen kann, zeigt eine Zahl, die im Gallup Engagement Index seit Jahren steigt: Sechs Millionen Arbeitnehmer spüren keine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber und haben innerlich bereits gekündigt. Der volkswirtschaftliche Schaden aufgrund der inneren Kündigung wird von den Studienmachern auf 105 bis 120 Milliarden Euro geschätzt.

Die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust, durch die fortschreitende Technologisierung und Automatisierung, spielt dabei so gut wie keine Rolle. 68 Prozent der Befragten geben an, dass Algorithmen, Roboter und Co. ihnen hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit gar keine Angst machen. Weitere 23 Prozent halten einen darin begründeten Arbeitsplatzverlust für nicht sehr wahrscheinlich.

Digitalstrategie muss auch die Qualifizierung umfassen

Das Mitarbeiter eher die Chancen als die Risiken sehen, sollten sich Unternehmen zunutze machen. Gerade im Rahmen der Digitalisierung ist es wichtiger denn je, auf die emotionalen Bedürfnisse der Angestellten zu achten.

Gelingt es Unternehmen aus ihrer Digitalstrategie eine Qualifizierungsstrategie abzuleiten – die nicht nur Wissen, sondern auch Kompetenzen umfasst – haben sie großen Chancen, die emotionale Bindung ihrer Mitarbeiter spürbar zu erhöhen. Und die sind schließlich der wichtigste Faktor für eine erfolgreiche Digitalisierung.

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