Warum die Personalentwicklung sich neu erfinden muss

Warum die Personalentwicklung sich neu erfinden muss

Dass die Personalentwicklung ein Thema ist, dem sich erfolgshungrige Unternehmen nicht verschließen können, ist mittlerweile in den allermeisten Organisationen angekommen. Doch die Art und Weise, wie die Personalentwicklung im Alltag praktiziert wird, ist alles andere als zeitgemäß. Statt auf Werte und Kompetenzen, mit denen Mitarbeiter in der Lage sind den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen, setzen viele Personalabteilungen nach wie vor auf seminaristische Bildungsangebote, deren Nutzen so überschaubar ist wie die Erfolgsaussichten dieser Unternehmen. Wer die Personalentwicklung jetzt nicht neu denkt, wird den Kampf um die Köpfe von morgen verlieren.

Es ist die definitorische Aufgabe der Personalentwicklung, alle systematischen und zielgerichteten Maßnahmen zu ergreifen, die der Förderung jener Fähigkeiten dienen, die die Mitarbeiter dazu befähigen, derzeitige und zukünftige Aufgaben im Unternehmen fachgerecht zu meistern. Angesichts der sich stetig verändernden Märkte, des technischen Fortschritts, der zunehmenden Spezialisierung, der immer schwieriger werdenden Mitarbeiterbeschaffung und des erhöhten Wettbewerbsdrucks ist die Personalentwicklung wichtiger denn je.

Personalentwicklung fokussiert Wissen statt Kompetenzen

Die im Rahmen der Personalentwicklung vielfach ergriffenen Maßnahmen führen jedoch nur selten dazu, dass das Kompetenzniveau, die Motivation und die Bindung an das Unternehmen nachhaltig steigen. Der Grund liegt darin, dass Personalentwickler seminaristische Bildungsangebote in den Mittelpunkt stellen, statt Mitarbeitern durch die Förderung ihrer individuellen Kompetenzen dazu zu verhelfen, Herausforderungen eigeninitiativ meistern zu können.

Mit schöner Regelmäßigkeit wird gleich zum Beginn des Jahres der Seminarkatalog herumgereicht – heute freilich vielfach in digitaler Form. Die Mitarbeiter müssen sich daraus eine bestimmte Zahl an Seminaren herauspicken, um die intern vorgeschriebene Anzahl an Weiterbildungstagen vollzubekommen. Selbst wenn der Katalog so gut ausgearbeitet ist, dass er für einen Großteil der Belegschaft halbwegs passende und interessante Angebote zu bieten hat, werden diese dadurch in standardisierte Lehr- und Lernprozesse gezwängt, die auf die Bedürfnisse des Einzelnen nur selten eingehen.

Dabei ist längst wissenschaftlich erwiesen, dass in Seminaren vermitteltes Wissen von den Teilnehmern zu unter zehn Prozent umgesetzt wird. Während sich der Seminarleiter und die Personalabteilung damit brüsten, dass die Teilnehmer auf dem obligatorischen Feedbackbogen zum Großteil den über beide Backen grinsenden Smiley angekreuzt haben, werden die Mitarbeiter bei der Umsetzung der Theorie in die Praxis im Stich gelassen, was zu eben jenem bescheidenen Nutzen führt, der im Übrigen in keinem Verhältnis zu den Kosten steht.

Wissen veraltet schneller den je

Das sogenannte Vorratslernen macht nicht nur aus lernpsychologischer Sicht kaum Sinn, sondern auch weil Wissen heute schneller veraltet als jemals zuvor. Gerade die durch ständig neue Technologien befeuerte Digitalisierung macht das lebenslange Lernen unverzichtbar. Unternehmen können es sich nicht leisten, Mitarbeiter älterer Generationen auf der Strecke zu lassen. Der schon heute allgegenwärtige Fachkräftemangel erfordert es, auch vorhandenes Personal kontinuierlich zu qualifizieren, damit dieses dem wirtschaftlichen Wandel gewachsen ist.

Welche Herausforderungen dieser Wandel im Einzelnen mit sich bringt, kann aktuell noch gar nicht abgesehen werden. Was macht also mehr Sinn? Die Mitarbeiter dazu zu zwingen, sich mit Wissen zu bevorraten, das sie wahrscheinlich nie in der Praxis anwenden werden? Oder sie dazu zu befähigen, sich in neuen, offenen, dynamischen und unüberschaubaren Situationen zurechtzufinden und aktiv handeln zu können?

Mitarbeiterkompetenzen als Wettbewerbsvorteil

Es sind die Kompetenzen, die die Zukunft in einer immer komplexeren und dynamischeren Wirtschaftswelt erschließen. Wissen und Qualifikation sind dafür die notwendigen Voraussetzungen, aber nicht mehr das Ziel. Stattdessen müssen in einer Arbeitswelt, in der die Eigenverantwortung immer mehr zunimmt, die Fähigkeiten zur Selbstorganisation gefördert werden. Statt mit wiederkehrenden Prozessen, werden Mitarbeiter immer öfter mit offenen Problem- und Entscheidungssituationen konfrontiert, die in komplexe Systeme eingebunden sind. Kompetenzen helfen ihnen Lösungen zu entwickeln, mit denen sich diese unvorhersehbaren Situationen meistern lassen.

Weil die Mitarbeiterkompetenzen zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil werden, müssen sie mindestens so professionell organisiert werden, wie die Produktionsfaktoren. Deshalb übernimmt die Personalentwicklung eine strategische Schlüsselposition im Unternehmen. Personalentwickler müssen zu Kompetenzmanagern werden, die die für ihre Organisation entscheidenden Schlüsselkompetenzen identifizieren, definieren und entwickeln. Nur wenn die Personalentwicklung den Wandel auch selbst vollzieht und Kompetenzziele verfolgt, wird sie ihre Existenz langfristig sichern können.

Anders als bei der Wissensvermittlung steht bei der Kompetenzentwicklung der Mensch als Individuum viel stärker im Mittelpunkt. Jeder Mensch hat andere Stärken, die beispielsweise durch seine spezifische Aus- und Weiterbildung, seine individuellen Erfahrungen im privaten und beruflichen Bereich sowie seine persönlichen Werte geprägt sind. Folglich hat jeder Mensch andere Kompetenzen, die es mit Methoden, wie sie KODE® zur Verfügung stellt, zu diagnostizieren und zu entwickeln gilt.

Personalentwickler müssen sich zu Kompetenzmanagern wandeln

Kompetenzmanagement hat zur Folge, dass sich das betriebliche Bildungsmanagement neu positionieren muss. Personalentwickler schicken Mitarbeiter zukünftig nicht mehr einfach nur auf Seminare oder zu Trainings. Sie gestalten und begleiten die unterschiedlichen Lernprozesse im Unternehmen, die sich den Arbeitsprozessen anpassen. So wie die Arbeitsprozesse unter Zuhilfenahme digitaler Systeme immer stärker selbstorganisiert werden, wird auch das Lernen immer individueller. Intranet- und Internetangebote ermöglichen es dem Personal immer dann gezielt zu lernen, wenn sie während eines Arbeitsprozesses eine konkrete Herausforderung zu bewältigen haben.

Personalentwickler sind dafür verantwortlich, der Belegschaft im Sinne der auf Selbstbestimmung und Selbststeuerung beruhenden Ermöglichungsdidaktik genau diese Lernumgebung mit passenden Lernarrangements zu bieten. Doch dafür braucht es mehr als moderne Lernsysteme. Es braucht einen radikalen Wandel der Personalentwicklung, der von der Unternehmensleitung mitgetragen und proaktiv gefördert werden muss.

Allen Führungskräften und Mitarbeitern muss klar sein, welch entscheidende Rolle Kompetenzmanager für die Wettbewerbsfähigkeit und den zukünftigen Erfolg des Unternehmens spielen. Nur wenn sie ernst genommen werden und den Mitarbeitern die notwendigen, auch zeitlichen Mittel zur Kompetenzentwicklung zugestanden werden, können Unternehmen die von Globalisierung und Digitalisierung geprägten Herausforderungen der Zukunft meistern. Kompetenzen sind der Schlüssel zum Erfolg. Aufgabe der Personalentwicklung ist es, diesen Schlüssel zu formen.

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